Althofener Meisterklassen bieten Klassik auf höchstem Niveau

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Nach dem großen Erfolg letzten Jahres finden vom 21. Juli bis 4. August die Althofener Meisterklassen in der Stadtgemeinde Althofen mit einigen Neuerungen statt. Noch bis 15. Mai ist eine Anmeldung möglich.

Vergangenen Sommer verwöhnten 27 Musikerinnen und Musiker aus 17 Nationen erstmals ihr Publikum im Rahmen der Althofener Meisterklassen mit herausragender klassischer Musik. Mit einigen Neuerungen finden auch in diesem Jahr die Meisterkurse in Althofen statt. Erneut werden Musikstudierende aus verschiedensten Ländern nach Althofen kommen, um ihre Fähigkeiten im intensiven Austausch mit renommierten Professorinnen und Professoren zu erweitern. „Wir freuen uns, die Althofener Meisterklassen in ihr zweites Jahr zu führen. Nach dem großen Erfolg der ersten Ausgabe 2022 werden in diesem Sommer die Meisterklassen um vier Tage und eine Klasse ausgebaut. Gezielte Förderung von Kärntner Nachwuchsmusikerinnen und -musiker ist uns ein großes Anliegen. So wird pro Klasse ein Platz für einen Kärntner Studierenden reserviert“, gibt der künstlerische Leiter und Organisator Johannes Fleischmann bekannt.

Musik auf höchstem Niveau

Zusätzlich zu den Klassen für Violine, Viola, Violoncello, Kontrabass und Gesang wird es für Streichquartette sowie Streichtrios die Möglichkeit geben, sich für den Meisterkurs zu bewerben. „Ein hochkarätiges Team von international renommierten Lehrenden unterrichtet Studierende in sechs Klassen mit maximal sieben Teilnehmenden und garantiert eine musikalische Weiterbildung auf höchstem Niveau“, freut sich Bürgermeister Walter Zemrosser, die kulturelle Spitzenveranstaltung erneut in Althofen beherbergen zu dürfen. Der Bürgermeister hebt auch den touristischen Mehrwert hervor, denn die Althofener Meisterkassen werden international beworben: „Die Musikerinnen und Musiker lernen die Schönheiten von Althofen kennen und sorgen mit Postings auf Social Media für internationale Bekanntheit. Wie bereits im letzten Jahr holen auch heuer Professoren ihre Familien nach Althofen und verbringen ihren Urlaub in unserer schönen Stadt“. Zudem hat Fleischmann Althofen in sein Herz geschlossen und trägt die Stadt auch mittels Social Media, wo er allein auf Instagram 22,6 Tausend Follower hat, in die Welt. 

Signal für das Kulturleben

„Althofen wird vierzehn Tage lang mit klassischer Musik auf höchstem Niveau erfüllt, das macht Althofen um eine Facette reicher. Dieser musikalische Austausch ist ein wichtiges Signal für das Kulturleben in und rund um Althofen“, glaubt Doris Hofstätter, Vizebürgermeisterin und Referentin für Kunst und Kultur. „Ich empfinde es als große Auszeichnung für die Region, dass so außergewöhnliche Künstlerinnen und Künstler gerade Althofen ausgesucht haben, um ihre Meisterklassen durchzuführen. Althofen bringt alles mit, um diese Sommerkurse zu einem großen Erfolg werden zu lassen: bestens ausgestattete Räumlichkeiten in unserer topmodernen Musikschule sowie dem Kulturhaus, perfekte Unterbringung und Natur in der Umgebung mit Panoramablick auf die Berge“, so Kultur-Koordinator Michael Wasserfaller

Konzerte & Preisvergaben

Musikbegeisterte sind eingeladen, im Rahmen der Meisterkurse den Studierenden über die Schulter zu blicken, sich mit den teilnehmenden Musikerinnen und Musikern auszutauschen und die Althofener Meisterklassen als Publikum live mitzuverfolgen.
Das Abschlusskonzert am 4. August präsentiert nicht nur die besten Studierenden der Meisterklassen, sondern bietet auch die Möglichkeit, verschiedene Preise zu gewinnen. Neben Preisen wie dem Anna Grobecker Preis (zur Verfügung gestellt von Familie Lauritsch), dem Auer von Welsbach Preis und dem Publukumspreis (zur Verfügung gestellt von der Stadtgemeinde Althofen), wird auch heuer wieder eine CD-Produktion von MSc Media rund um das Team um Christian Miklin in Zusammenarbeit mit den Meisterklassen zur Verfügung gestellt. Auch das Publikum darf im kommenden Sommer wieder einen Preis vergeben.

 

Infos zu den Althofener Meisterklassen

 

Fixe Konzerttermine

  • 21. Juli: Eröffnungskonzert im Kulturhaus Althofen
  • 23. Juli: Orchestermesse in der Pfarrkirche von Althofen
  • 27. Juli: Klassik im Biergarten in der Brauerei Hirt
  • 29. Juli: Abendkonzert im Humanomed Zentrum Althofen
  • 04. August: Abschlusskonzert im Kulturhaus Althofen
  • Zusätzlich werden noch Studierendenkonzerte sowie die in Kürze zu präsentierende Serie „AM Highlights“ vorgestellt

 

Die Professorinnen und Professoren

Gesang: Margit Klaushofer
Margit Klaushofer, o.Univ.-Prof. an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien ist seit 2013 Mitglied des Senats und seit Oktober 2017 Institutsleiterin des dortigen Instituts für Gesang und Musiktheater.

Violine: Johannes Fleischmann
Neben einer eigenen Konzertreihe im Wiener Konzert- und Theatersaal MuTh unterrichtet Johannes Fleischmann an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien als Assistent von Elisabeth Kropfitsch und ist künstlerischer Leiter des berühmten Palais Coburg.

Viola: Gerhard Marschner
Seit November 2020 unterrichtet Gerhard Marschner als Universitätsprofessor an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien das Konzertfach Viola.

Violoncello: Toke Møldrup
Der dänische Cellist ist derzeit außerordentlicher Professor an der Royal Danish Academy of Music und leitet zwei jährliche Musikveranstaltungen, Svanekegaarden Cello Masterclass und Fynposium Festival.

Kontrabass: Werner Fleischmann
Schon 1977 wurde er von den Wiener Symphonikern engagiert. Fleischmann ist ein viel beschäftigter Musikpädagoge – an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien seit 1997 als Assistent von Josef Niederhammer in den Bereichen künstlerischer Einzelunterricht sowie Ausbildung in Orchesterliteratur und Probespieltraining. Ab 2008 leitete er die Klasse für Kontrabass-Pädagogik an dem Institut.

Streichquartett/-trio: Evgenia Epshtein
Evgenia Epshtein arbeitet als Professorin für Violine und Kammermusik an der Kunstakademie in Split, und wirkt als künstlerische Leiterin an der Sommerschule „Summer Con Spirito“ in Trogir, Kroatien.

 

 

Interview mit Mag. Johannes Fleischmann

 

Das Stradivari-Konzert der Meister begann mit dem 2. Satz aus Johannes Brahms’ Cello-Sonate in F-Dur. Wie passend, hatte ja gerade dieser Komponist eine enge Verbindung zu Kärnten beziehungsweise waren seine drei am Wörthersee verbrachten Sommer äußerst produktiv. Brahms sollten in den folgenden Jahrzehnten noch Gustav Mahler, Arnold Schönberg und Alban Berg folgen. Nun fanden heuer erstmals die Althofener Meisterklassen mit Studierenden aus aller Welt statt. Was glauben Sie ist es, das die Kärntner Landschaft so anziehend für Musikerinnen und Musiker macht?

Die Kärntner Landschaft ist eine ganz gesunde Mischung aus einer toskanischen Landschaft, die ja für viele Menschen auf der Welt anziehend ist, und eben dem Österreichischen. Das heißt, wir haben nicht weit von hier die Turracher-Höhe, wo man wunderbar Ski fahren gehen kann, die Karawanken sind in der Nähe – es liegt wunderbar dazwischen. Und dieser Kontrast von Gebirge, hügeliger Burgenlandschaft und Seenlandschaft ist ganz besonders. Und dies ist wohl auch der Grund, warum so viele Musikerinnen und Musiker hier hergefunden haben. Inspirierend ist sicherlich, dass die Kärntner sehr leidenschaftliche Leute sind, die das Leben genießen – das hat bestimmt auch mit der Nähe zu Italien zu tun. Je mehr man in den europäischen Norden kommt, desto mehr verändert sich diese Situation. Aber dieses Lebensgefühl, das es in Kärnten gibt, ist schon etwas spezielles und das ist sehr inspirierend.

 

Der Mediziner Theodor Billroth, ein enger Freund von Brahms, schrieb als Reaktion auf dessen in Pörtschach komponierte 2. Symphonie in D-Dur: „Das ist ja lauter blauer Himmel, Quellenrieseln, Sonnenschein und kühler grüner Schatten! Am Wörthersee muß es doch schön sein!“ Nun ist Inspiration ein Schlagwort, welches meist auf Komponierende angewandt wird, finden Sie nicht auch, dass es ebenso für ausführende Musikerinnen und Musiker äußerst entscheidend ist?

Inspiration ist unglaublich wichtig! Es ist sehr oft so, dass man im Unterricht Dinge gesagt bekommt, die so sind. Ein Lehrender sagt einem „Mach das so“ oder „Das funktioniert so“ – man kann das aber nicht verinnerlichen, man kann das nicht in den Körper übersetzen. Dann sagt das ein anderer auch nochmal und es ist noch immer nicht da. Und irgendwann kommt dieser Moment – entweder ist das eine Person, ein Ort, eine Begegnung oder eine Situation, die passiert –, wo es Klick macht und dieser Punkt dringt durch und man versteht plötzlich den Inhalt von etwas. Und ich glaube, das hat sehr viel mit Inspiration zu tun, was um einen herum passiert, weil die reine Information, das reine Niedergeschriebene ohne Kontext zu verinnerlichen, funktioniert im Menschen schwierig und deswegen ist die Kunst vielleicht etwas auch teilweise schwer Verständliches – sie geht auf jeden Menschen anders ein. Aber Inspiration als solches ist unglaublich wichtig. In Kärnten gibt es halt sehr viel Natur, die wunderschön ist, das war natürlich faszinierend für die Komponisten. Und wenn man zum Beispiel in den Bergen ist, an einem Bergsee, dann kommt etwas hinzu: eine gewisse Ruhe, die einkehrt. Sich auf eine Sache zu konzentrieren und Stille zu genießen, das gibt es heute kaum noch und da muss man in den Wald gehen und man muss auf den Berg gehen. Es ist ja auch in der Musik so, dass Pausen etwas unglaublich wichtiges sind. Der Konzertsaal an sich ist ja etwas total wertvolles, weil man sich dort einmal nur mit den Gedanken beschäftigen kann. Das Konzert an sich, ohne gesprochenes Wort, ist auch etwas tolles. Wenn man mal die Sprache von der Musik entkoppeln kann, arbeitet das Hirn anders und das Hirn fängt an, zu interpretieren. Und aus so etwas sich die Inspiration zu holen, ist faszinierend. Wenn die Musizierenden mit Agogik umgehen können und dann plötzlich Pausen entstehen, die vielleicht länger sind, als das Metrum vorgibt, dann ist plötzlich ein Ort der Stille im Konzertsaal, der so still ist, wie nichts anderes. Und diesen Pausenort im Konzertsaal kann man nur vergleichen mit Ruhe auf der Bergspitze bei Windstille. Das hat schon was. Und da kommt die Inspiration – da geschieht ein Bearbeitungsprozess im Hirn, bei dem Dinge entstehen können.

 

Wenn Sie sagen, dass nur aus der notierten Musik heraus sich nicht alles erklären oder ablesen lässt, was Musik aussagen soll, so muss ich an Arthur Rubinstein denken. Der meinte ja, dass man nicht mehr als drei Stunden am Tag konzentriert üben und sich stattdessen auch mit anderen Dingen beschäftigen solle, da er es als so wichtig angesehen hat, sich umfassend kulturell zu bilden – dass man sich generell mit dem Leben beschäftigt und dadurch dann auch die Musik gewinnt. Glauben Sie, dass die Studierenden der Althofener Meisterklassen auch die Gelegenheit hatten, diesem Rat zu folgen und dass es generell für Meisterklassen wichtig ist, konzentriert an den Stücken zu arbeiten, aber auch Ablenkung und ein Drumherum zu schaffen?

Absolut! Meine Devise hier ist: viel arbeiten heißt nicht immer viel üben. Das erste, das ich beim Willkommensgespräch mit den Studierenden gesagt hab, war: bitte, nehmt euch Zeit, setzt euch in die anderen Klassen rein, hört den anderen Instrumenten, den anderen Kolleginnen und Kollegen zu. Nehmt alles auf, was ihr hier aufnehmen könnt. Das ist genau das mit der Inspiration. Man beschäftigt sich eh so viel mit dem eigenen Repertoire und manchmal passiert genau dieser zuvor angesprochene Klick dann, wenn jemand anderes vielleicht über ein ähnliches Thema bei einem anderen Instrument spricht. Das kommt im normalen Alltag ja auch vor, dass vielleicht eine völlig andere Situation einen Knoten löst. Ich habe meine halbe Kammermusik-Bibliothek aus Wien mitgenommen und habe die Studierenden angewiesen: am Abend sind die Räumlichkeiten für euch da, nehmt euch ein Getränk, setzt euch hin und spielt zusammen Sachen vom Blatt. So lernt ihr euch kennen. Bei der Messe ist dann zum Beispiel auch das Mozart Klarinetten-Quintett aufgeführt worden, das ist aus so einer Session heraus entstanden. Sie sind zusammengekommen, wollten was neben dem Unterricht machen und so ist es dazu gekommen, dass sie es gespielt haben.

 

Das von Ihnen bei den Meisterklassen geförderte Zusammenspiel von Studierenden zeigt ja auch, dass das gemeinsame Musizieren nicht nur ein künstlerischer, sondern auch ein sozialer Akt ist, dass Musik etwas Verbindendes ist und gerade bezüglich dieser gesellschaftlichen Komponente gibt es ein schönes Zitat von Leonard Bernstein: „Kunst kann Geschehnisse nicht ändern. Aber sie kann Menschen verändern. Sie kann Einfluss auf Menschen haben, dass diese verändert sind.“ Sie unterstützen Projekte wie das in Venezuela entstandene „El Sistema“ in Kenia – glauben Sie auch, dass Musik eine wichtige gesellschaftliche Funktion hat?

Absolut – davon bin ich zu 100% überzeugt! Sie haben ja gemerkt, dass da ein riesiges Loch da war, als im ersten Corona-Lockdown alles von 100 auf 0 runtergefahren wurde. Mein Wunsch wäre eigentlich gewesen, dass man Spotify, YouTube und alles andere abdreht und dass es zwei Monate überhaupt keine Musik gibt, weil dann würden die Menschen merken, was ihnen fehlt. Musik ist eines der natürlichsten Dinge, die es gibt, weil es über Schwingungen geht. Die ganze Welt schwingt. Jedes Auto, das jetzt während des Interviews vorbeifährt, macht Töne, Geräusche. Sie müssen sich vorstellen, die ÖBB hat die Taurus-Lok so eingestellt, dass die Spannungen, die erzeugt werden, in einer Tonleiter ablaufen, weil das fürs menschliche Ohr angenehmer zu hören ist.
Häufig separiert man sich, es gibt Bewegungen, die Dinge auseinandertreiben. Es gibt Menschen, die möchten sich gerne besser fühlen als andere. Das ist auch sehr oft in der klassischen Musik passiert. Ich glaube gar nicht, dass das so sehr von Musizierenden ausgegangen ist, sondern von Veranstaltern oder vom Publikum, das sich abgrenzen wollte. Die kommuniziert haben, „Wenn du das und das nicht weißt, dann lern einmal was, sonst darfst du das gar nicht genießen“ und das war ein Riesenfehler. Wenn man Menschen in eine Ecke drängt, dann werden sie sich wehren. Aber gerade bezüglich Musik als verbindendem Element möchte ich das Projekt in Kenia als schönstes Beispiel anführen: das Projekt „Ghetto Classics“ in Nairobi. Im viertgrößten Slum Afrikas, Korogocho, wurde 2009 dieses Projekt gegründet. Es ist in einer katholischen Schule und dort bekommen die Kinder Instrumentalunterricht und das ist genau das beste Beispiel, dass Musik Menschenleben verändern kann. Dort lernen die Kinder nämlich voneinander. Da gibt es auch eine ganz andere Dynamik als in vielen Bereichen in Österreich. Bei uns wird im Schulsystem vorgegeben, was sie tun müssen – dort entscheiden die Kinder selber, dass sie weiterkommen wollen, zumindest jetzt mal in der Musik. Es gibt schon gewisse Vorgaben, aber der Wunsch, an die älteren heranzutreten und zu sagen, „Bitte, bring mir das bei. Wie machst du das? Ich hab da ein Problem, wie können wir das lösen?“, das ist wirklich das wunderschöne. Dadurch, dass sie in diesem System aufwachsen und schon von jung an die anderen Kinder unterrichten, ist es das Ziel, dass sie einmal da hinkommen, dass sie wirklich unterrichten, dort angestellt werden und dann auch noch Geld verdienen damit. Wir versuchen, sie dann auch ins Ausland zu Workshops zu schicken, dass sie wirklich gut ausgebildet sind und das Ergebnis ist dann, dass sie Geld verdienen als Lehrende und dass sie durch die Musik den sozialen Standard der Familie heben. Es gibt diese wunderbare Dokumentation über „Ghetto Classics“ auf YouTube (https://www.youtube.com/watch?v=YGBLWVW2XP8). Da kann man sehen, dass das Leben im Slum durch Drogen-Gangs bestimmt wird und trotzdem unterstützten all diese verschiedenen Banden quasi über die Grenzen hinweg dieses Projekt, weil sie wollen, dass ihre Kinder dort hingehen, weil sie dann ein besseres Leben haben als sie selbst – über die klassische Musik beziehungsweise Musik ganz allgemein.
Ich finde es immer schade, innerhalb der verschiedenen Musikgenres zu trennen. Wenn Sie „Candide“ von Bernstein hören, dann sind Sie quasi im Musical drinnen. Und wenn dann jemand, der „Die tote Stadt“ von Erich Wolfgang Korngold mag, sagt, „‘Star Wars’ hör ich mir nicht an, weil das ist Filmmusik und Filmmusik kann nichts“, dann denke ich mir: schaut doch mal, wo Filmmusik herkommt. Das ist nämlich Max Steiner und Korngold. Und Korngold kommt von Richard Strauss. Was hat er gesagt, als er bei der Uraufführung von Gustav Mahlers 8. Symphonie in München war, als er gefragt wurde, was er werden möchte? Da meinte er, er möchte Meastro Mahler werden.

 

Arnold Schönberg ist für mich einer der absolut größten Komponisten aller Zeiten, aber ich ärgere mich immer über seinen Ausspruch: „If it is art, it is not for all, and if it is for all, it is not art.“, weil es doch recht herablassend klingt. Schönbergs Tochter hat ja später Luigi Nono geheiratet, der ja gerade auch die Musik für alle Menschen erlebbar machen wollte oder alle adressiert hat. Beide sind großartige Komponisten, aber die Art und Weise, wie sie mit den Menschen kommuniziert haben, unterscheidet sich…

Das schlimmste, das man machen kann, ist, Menschen gegeneinander auszuspielen, was auch von der Politik gern gemacht wird. Dass man etwa Kultur und Sport gegeneinander ausspielt, weil die Kultur braucht den Sport. Wir können unseren Beruf nicht ausüben, wenn unser Körper nicht mitspielt. Und im Sport muss man auf den Geist und die Seele schauen, da ist die Musik dabei. Es gibt ganz viele Musiker, die viel Sport machen und viele Sportler, die Musik machen.Viele finden dann, dass das Publikum im Fußballstadion und das Publikum, das klassische Musik hört, nicht zusammenpasst – aber warum? Die dürfen das genauso anhören. Die dürfen aber auch Schlager schön finden. Und wenn Hansi Hinterseer ihm das Herz öffnet und am nächsten Tag hört er sich Mahlers 6. Symphonie bei den Salzburger Festspielen an – warum nicht?

Ich bin aber auch sehr fasziniert von Schönberg, von den Dingen, die er sagt und macht. Schönberg ist ein Vorbild in vielen Dingen: er ist Autodidakt, er hat sich gegen alle Systeme gewehrt und ganz bedeutend ist, dass ihm Tradition sehr wichtig war. Das gilt generell, dass man sich nur weiterentwickelt kann, wenn man das Vorangegangene aufsaugt, analysiert und in irgendeiner Form optimiert und es benutzt, um weiterzuarbeiten. Man muss das Rad nicht neu erfinden. Und das denke ich mir immer, dass man diesen Cut mit der Vergangenheit nicht machen muss und das hat Schönberg am besten verstanden. Er sagt ja, dass er alles, was er gelernt hat, von einem Bach, von einem Mozart, von einem Brahms gelernt hat – und von Zemlinsky natürlich. Er hat aber alles sozusagen aufgesaugt, perfektioniert, hat das etwa mit der „Verklärten Nacht“ oder den „Gurre-Liedern“ in eine Richtung geführt. Bei der größten Aufführung der „Gurre-Lieder“ zu Beginn der 1920er Jahre waren über 1000 Musikerinnen und Musiker auf der Bühne – nur, um dann zu sagen, „das hab ich gemacht“ und dann Zack: Zwölftonmusik – jetzt ändern wir das System. Aber das ist ein Schritt, bei dem ich sage, der weiß, warum er das tut und was er zuvor gemacht hat, ist ja nicht weg. Er meinte ja, dass er alles, was er später komponiert hat, auf den frühen Werken aufgebaut hat. Er hat Systeme weiterverwendet, er hat Strukturen weiterverwendet, um das alles zu entwickeln – das ist total faszinierend.

 

Die Erscheinungsformen von Musik sind vielfältig. Nicht nur zwischen unterschiedlichen Genres, sondern auch innerhalb der sogenannten klassischen Musiktradition gibt es eine fast unendliche Vielfalt. Man denke nur an die zuvor erwähnen Komponisten, welche sich für kurze oder längere Zeit in Kärnten aufhielten – und doch erkennt man Einflüsse aufeinander, die entweder unmittelbar hörbar sind oder sich in Aussagen der Komponisten wiederfinden. Gerade sagten Sie ja, dass Arnold Schönberg viel von Johannes Brahms gelernt hat und noch knapp 40 Jahre nach dessen Tod schrieb Schönberg ja etwa einen Aufsatz, in dem er ihn den „Fortschrittlichen“ nennt. Die von den Studierenden aufgeführte G-Dur-Messe von Franz Schubert entstand sogar schon 1815, also vor über 200 Jahren. Was glauben Sie ist es, das diese Musik auch für uns heute noch bedeutsam macht?

Sie ist einfach gut gemacht! Das gilt auch für Popularmusik. Schauen Sie sich den „Donauwalzer“, schauen Sie sich Wiener Musik an, die Volksmusik, die Schrammelmusik, den Fado. Es gibt auf der ganzen Welt traditionelle Musik, die es seit Jahrhunderten gibt. Wenn’s gut gemacht ist und wenn’s gut gearbeitet ist, wird es sich durchsetzen.

Letztes Jahr im Herbst habe ich bei der Keller-Eröffnung von Schloss Gobelsburg ein Duo für Violine und Viola von Mozart gespielt und ich war total fasziniert von diesem Keller. Die Architekten haben sich gefragt, welches Material sie verwenden sollen und sie wollten Beton nehmen. Der Pächter hat aber gefragt, wie lange das hält und nachdem Beton nur zwischen 80 und 90 Jahre halten würde, meinte er, dass ihn das nicht interessiert. Er möchte, dass das mindestens 500 Jahre steht – die Kosten sind ihm egal, denn wenn es auch jetzt mehr kostet, dann ist es aber dennoch etwas Nachhaltiges. Wir müssen grundsätzlich das Denken wieder erlernen, dass es Sinn ergibt, für gewisse Dinge mehr Geld auszugeben, die aber eine nachhaltige Wirkung haben, die uns um einiges günstiger kommt, als jetzt kurzfristig zu entscheiden. Das gilt für Gebäude, aber vor allem auch für die Musik. Musikerinnen und Musikern eine Ausbildungsmöglichkeit zu geben, Tage zu geben, wo sie quasi zwei Wochen keine Sorgen haben und sich nur um sich selber kümmern müssen, mit positiven Lehrenden, mit einem Publikum, das sie unterstützt, dann ist das eine nachhaltige Investition, die für das Leben von Künstlerinnen und Künstlern unglaublich wichtig ist, dann nehmen sie diese Erfahrungen für ihr Leben mit. In solchen Kursen ergeben sich persönlichkeitsverändernde Prozesse, weil eben dann die Inspiration mit reinkommt, weil man sich denkt, „Wahnsinn, so habe ich arbeiten können“. Deswegen haben Sie auch in Kärnten diese Komponierhäuschen im Wald und dann fährt man dahin, weil das der perfekte Ort für diesen kreativen Prozess ist. Deswegen konnte die 2. Symphonie von Brahms nur dort geschrieben werden, weil es nur dort ging. Schönberg hat ja gesagt, „Kunst kommt nicht von können, sondern von müssen“, und ich interpretiere das so, dass man nicht anders kann, als das zu machen.

Und wir müssen es schaffen, diese Prozesse, diese Orte wieder für Menschen zugänglich zu machen, damit sie wieder diese Energie haben, um diese kreativen Dinge zu schaffen. Weil in einer Zeit, in der wir nur noch davon leben, Deadlines einzuhalten, im Radl zu laufen, damit wir ja im Hier und Jetzt alles wirtschaftlich sofort erklären können und du einen „9 to 5“-Job machst und du als alleinerziehender Elternteil deine Familie gar nicht mehr ernähren kannst, wie sollst du dann kreativ sein? Es beginnt schon bei den Kindern: wenn ein Kind eine Persönlichkeit entwickelt, hast du zwei Möglichkeiten, entweder es sich frei entwickeln zu lassen oder es zu brechen. Und ich frage mich immer, wenn man solche Schritte setzt: es gibt ganz viele Menschen, die gebrochen worden sind von Systemen, von Voraussetzungen – was bringt das? Warum lässt man die sich nicht einmal frei entwickeln? Im Endeffekt wollen alle Leute in Frieden leben, eine glückliche Familie haben, gebraucht werden, einer sinnvollen Tätigkeit nachgehen, das Leben genießen können und das ist es, glaub ich, hauptsächlich. Und wenn man eine Arbeitsstelle findet, wo man inspiriert ist, wo man sagt, ich fühl mich wohl. Das Gebraucht-Werden ist etwas ganz wichtiges. Das wird uns oft suggeriert, dass du nicht wichtig bist wegen dir, sondern wegen dem wichtig bist, was du hast – nicht, weil du Du bist. Und ich glaube, es wäre wichtig, dass man diese Denkvorgänge wieder ein bisschen anpasst an das natürliche.

 

Zurück zu den Meisterklassen. Es ist ja wirklich faszinierend, was Musik alles auslösen kann, wenn man bedenkt, dass es, völlig nüchtern betrachtet, nur Luftschwingungen sind. Glauben Sie, kann man es überhaupt benennen, warum bestimmte Werke einem besonders gefallen und was war bei den Althofener Meisterklassen der Grund, sich genau für jene Werke zu entscheiden, um diese einzustudieren?

Also die Schubert-Messe hatte ganz praktische Gründe. Welche Messe kann man ohne Bläser machen und welche Messe ist in kurzer Zeit mit Menschen, die sich noch nie gesehen haben, mit einem Chor, der noch nie zusammen gesungen hat, machbar. Das waren ganz praktische Kriterien. Dass das dann vom Konzept her passt, freut uns natürlich. Die praktischen Gründe waren auch da, weil wir vom Platz her in der Kirche sehr beschränkt sind und Chor und Orchester unterbringen mussten. Das heißt, wir konnten nicht groß aufbauen und etwa mit der Nikolaimesse von Joseph Haydn daherkommen, sondern wir fangen mal mit dem an. Und es war ja auch ein Versuch. Viele haben sich zuerst nicht drübergetraut und hatten Zweifel. Ich habe gesagt, machen wir es einfach mal. Machen wir die Probe und wenn es nicht geht, dann lassen wir es weg, aber zuerst probieren wir es erst einmal und wenn es klappt, dann werden alle überrascht sein, wie schön das ist. Und dann hat man einen Präzedenzfall geschaffen. Dann sprechen wir wieder vom Traditionsaufbau – dann starten wir eine Tradition. Und dann haben wir diesen ersten Schritt und auf dem können wir aufbauen, aber den ersten Schritt müssen wir machen und der ist immer ein Kraftakt. Und wenn man dann versucht, etwas zu machen und das funktioniert, dann greifen die Zahnräder in sich.

Sonstige Sachen sind reine Repertoire-Entscheidungen von Studierenden. Die kommen her und müssen vorher ein Repertoire angeben, das sie studieren wollen, das nehmen wir so an, wie es ist. Und dann ist es so, dass wir uns natürlich zusammensetzen, wer spielt was und wer macht was. Es ist wirklich so, dass wir die Programme nicht wochenlang vorher entscheiden, sondern wir schauen, was haben wir zur Verfügung und dann machen wir was draus. Und dramaturgisch versuchen wir, einen Bogen zu spannen. Das schöne an dieser Musik ist, dass sich meistens aus diesen verschiedenen Dingen und Stimmungen Verbindungen ergeben. Dadurch, dass es verschiedene Zeitepochen sind, verschiedene Opern, Kammermusik, dass es verschiedene Sätze sind, kann man eigentlich Dinge quasi wie im Baukastensystem zusammenstellen, was das Programm sehr abwechslungsreich und vielfältig macht – es wird einem nicht fad. Beim Abschlusskonzert ist es so, dass wir ein Best-Of haben, wo wir auch eine Preisverleihung machen und beim Lehrenden-Konzert gab es Programmvorschläge, was passt zum Moment, was ist vielleicht ein guter Start. Das „Forellen-Quintett“ ist eines der schönsten Werke, bekannt, funktioniert und wir wollten mit etwas hineingehen, bei dem wir gedacht haben, damit können wir die Althofenerinnen und Althofener abholen – aber ich freue mich schon auf die erste „Verklärte Nacht“ hier.

 

Wenn Sie gerade wieder Schönberg erwähnen: in seiner „Harmonielehre“ schreibt er gleich zu Beginn: „Dieses Buch habe ich von meinen Schülern gelernt.“ Sehen auch Sie Meisterklassen als Lernerfahrung – also nicht nur für die Studierenden, sondern auch für die Lehrenden?

Absolut! Mein Mentor Hatto Beyerle hat immer davon gesprochen, dass er, wenn wir bei ihm Unterricht hatten, keinen Unterricht macht – wir haben eine Konversation auf einer Ebene. Du spielst und ich gebe dir meine Kommentare. Das Endergebnis ist ja, wir sind dafür da, dass die Studierenden weiterkommen. Wir sind eigentlich im Servicebereich. Ich glaube, der größte Fehler, den ein Lehrer machen kann, ist, zu sagen, die Studierenden sind für mich da, um mein Ego zu befriedigen, damit ich mich besser fühle, damit ich die größte und tollste Klasse habe – das ist der falsche Ansatz. Die Sinnhaftigkeit von uns als Lehrenden besteht darin, dass wir die Studierenden zu ihrem Maximum bringen können, dass sie über ihre Grenzen hinausgehen können. In diesem Prozess lernen wir natürlich unglaublich viel, weil jeder anders lernt, jeder hat andere Herangehensweisen. Und wenn jemand zum Beispiel eine Stelle besser kann als ich, dann schaue ich zu und schaue mir das ab. Egal, ob die 16 ist, 20 oder 50.

Manche Lehrende sind Menschen mit Ego-Problemen, das zieht sich aber durch den ganzen Ausbildungsbereich durch. Manche Menschen üben Lehrberufe aus, die dafür eigentlich nicht geeignet sind, weil sie diesen Servicegedanken nicht verstehen. Natürlich ist es schön, wenn man anderen Leuten sagen kann, was sie zu tun haben, aber die Grundeinstellung muss sein, egal, ob es Kindergarten, Volksschule oder Universität ist: wir sind dafür da, dass wir Generationen ausbilden, dass wir sie weiterbringen, dass sie von unseren Fehlern lernen. Nicht, dass die Lehrenden sich gut fühlen, dass sie angelächelt werden und Blumensträuße bekommen – eigentlich müssten die Lehrenden den Studierenden Blumensträuße bringen, weil sie so toll sind. Aber manche Einstellungen von Lehrenden finde ich furchtbar, auf der anderen Seite ist es aber auch wieder menschlich.

Der Betrieb ist ein sehr brutaler. Also man muss wirklich Leistung erbringen, sonst fällt man durch und man kann sich in der Klassik eigentlich keine Fehler erlauben. Je weiter man raufkommt, desto dünner und einsamer wird das ganze. Und ich glaube, dessen sind sich viele nicht bewusst, die talentiert sind, was es bedeutet, auf diesen Bühnen zu stehen, wie fertig man ist, wie leicht man in einer Depression drinnen ist, wie einsam man ist auf Reisen. Ich persönlich bin recht gerne allein, aber es hat halt nicht jeder, der technisch das Zeug dazu hat, die Persönlichkeit dafür. Und das zu erkennen, muss schon früh klargemacht werden.

Mein Vater sagt immer, man muss mit Leuten zusammenarbeiten, die besser sind als man selber, weil man möchte ja weiterkommen und wenn man sich darauf einstellt, dass der Weg ist, dass man einfach schaut, dass man sich immer ein bisschen weiterentwickelt, bis man einfach aufhört zu atmen, dann, finde ich, hat das Leben Sinn gehabt. Dass man schaut, dass man sich inspirieren lässt durch andere Menschen, durch Gespräche, durch andere Meinungen, durch andere Kulturen – dass man Dinge nicht von vornherein gleich ausschließt, weil man Angst hat davor, dass jemand einem was wegnehmen könnte. Dann muss ich mich fragen, was brauch ich denn eigentlich? Was macht mich eigentlich wirklich glücklich? Also mein iPhone macht mich nicht glücklich. Das Gespräch mit Ihnen macht mich glücklich, weil da kann man sich über Erfahrungen austauschen. Was möchte man wirklich hinterlassen? Diesen Footprint, den man auf der Erde hat – was ist das? Möchte ich eine Welt hinterlassen, die brennt, die schmilzt, der das Wasser ausgeht? Was will ich hinterlassen? Und das ist, glaube ich, für jeden Bürgermeister wichtig, für jeden Firmenchef wichtig, für alle Eltern wichtig, was gebe ich den nächsten Generationen mit. Wenn Sie sich die Althofener Altstadt anschauen, dann würde da echt was fehlen, wenn sie die einmal weggerissen und gesagt hätten, wir brauchen keine Tradition, kostet ja nur Geld die ganzen alten Häuser, wenn man sagt, dass Wirtschaft wichtiger ist. Das passiert ja auch gerade in Grinzing: für irgendwelche neuen Wohnhäuser werden Kulturgüter weggerissen. Und ich denke mir aber, Dinge, wie die Althofener Altstadt, erzählen uns etwas. Ein Betonbau, den wir nach 40 Jahren abreißen müssen, weil er nicht mehr zeitgemäß ist, was erzählt uns der? Das Stradivari-Violoncello, das da war, das erzählt eine Geschichte. Welche Aufführungen darauf stattgefunden haben, welche Hände dieses Holz schon berührt haben. Man spielt dann ganz anders auf so etwas, weil man Respekt davor hat. Wir müssen auf unsere Kulturgüter einfach aufpassen, weil das ist das, was bleibt.

 

Wie wichtig ist Ihnen im Rahmen der Meisterklassen die regionale Zusammenarbeit unter anderem mit den Kulturträgern der Umgebung?

Super wichtig! Was für mich ein zentraler Punkt war, ist die Regionalität und dass wir bei allen Aktionen und Investitionen, die wir hier machen, die regionale Wertschöpfung fördern. Die Druckerei machen wir beispielsweise in Friesach, die Klaviere kommen aus Klagenfurt, sogar unseren Kaffee haben wir aus Klagenfurt. Der Bösendorfer-Flügel ist sogar von einem Kärntner in Wien abgeholt worden. Für mich ist das sehr wichtig, dass das so ist. Mein Wunsch wäre, wenn Kulturträger in der Region auch das Potenzial der Meisterklassen erkennen. Man muss ja quasi nur umfallen und ist auf der nächsten Burg. Wenn da zum Beispiel Theaterfestivals sind, dass die dann fragen, wollt ihr nicht mal ein Quartettkonzert spielen. Oder wir haben den Innenhof von Schloss Straßburg, der ist ein Traum, da haben wir hauptsächlich Chöre, machen wir doch mal was zusammen. Vielleicht auch an Orten, an denen klassische Musik oder Musik im Allgemeinen noch keinen Einzug gehalten hat – dass es vielleicht etwas für unser Publikum bringt, aber vor allem auch neues Publikum überrascht. Wir hätten auch hier die gute Mischung, wenn jede Seite etwas kennenlernt. Dass man auch sagt, man möchte niemandem etwas wegnehmen, sondern dass man die Menschen inkludiert.

Ich wurde in der Vorbereitung auch gefragt, ob wir anderen Meisterklassen in Kärnten etwas wegnehmen wollen – das stimmt natürlich überhaupt nicht, denn wir sind auf maximal 35 Studierende beschränkt, heuer sind es 28. Die Leute gehen in der Regel ja nicht zu den Meisterklassen, weil das Hotel oder das Essen so gut sind, sondern die gehen dorthin, weil der Professor oder die Professorin dort ist. Und das ist der Antrieb. Das heißt, wir machen keinen anderen Meisterkursen Konkurrenz, weil dort andere Lehrende sind – und wir nehmen auch niemandem zahlendes Publikum ab, weil unsere Konzerte gratis sind, die Konzerte, die wir veranstalten, sind frei zugänglich. Warum machen wir das gratis? Weil wir ja kein Konzertveranstalter sind, sondern wir sind eine Ausbildungsstätte. Wir bilden aus, wir geben unseren Musikerinnen und Musikern die Möglichkeit zu spielen. Wir wollen auch gar nicht den Fokus auf Wirtschaftlichkeit legen, sondern wir wollen diese Plattform schaffen, wo man sich kreativ einbringen kann. Wenn wir dazu auch die Umgebung erklingen lassen können, freut uns das natürlich.

Bezüglich der Verankerung und Kooperation mit der Region ist ja auch zu erwähnen, dass im Rahmen unserer Konzerte etwa auch das Althofener Nachwuchstalent Hannah Adunka Violine gespielt hat oder die Studierenden haben unter anderem beim Auftritt in Hirt auch die Komposition „Short Fantasia & Fugue in a minor“ von John Wasserfall aufgeführt. Das ist etwas, das wir ausbauen wollen, dass wir mit den Studierenden in Zukunft auch die Umgebung entdecken. Wir nehmen die Musik mit. Heuer war unser einziger Ausflug in die Brauerei Hirt, wo ein Tapetenwechsel stattgefunden hat, aber in Zukunft möchten wir das intensivieren. Wir haben ja einen Freundesverein, bei dem man Mitglied werden kann, da gibt es die Möglichkeit, eben solche Ausfahrten mitzumachen und dann wäre es der Wunsch, dass bei solchen Begegnungen die Leute auch mit den Studierenden ins Gespräch kommen. Das schönste, was wir in den letzten Tagen erlebt haben, war, dass Leute aus dem Publikum mit einzelnen Studierenden mitfiebern, weil sie die jetzt über Tage mitverfolgen und kennenlernen konnten und sagen: „Gestern habt ihr so gespielt und heute noch besser“ und das ist ein Austausch, den ich unbedingt verstärken möchte.

 

„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne…“ heißt es bei Hermann Hesse. Sie haben es ja schon angedeutet, dass wir uns auf künftige Wiederholungen der Meisterklassen freuen dürfen. Könnten Sie abschließend noch kurz Bilanz ziehen über die heurige, erste Ausgabe?

Die Abläufe sind natürlich ein Lernprozess. Es sind viele Dinge, die wir natürlich auch optimieren werden – viele Dinge sind fürs erste Mal aber sehr gut gegangen. Es war sehr intensiv. Man würde wahrscheinlich fürs nächste Jahr zwischendurch einen Pausentag einlegen. Einfach wieder aufgrund der zuvor besprochenen Inspiration. Dass man nicht ständig funktionieren muss – wenn ich schon darüber rede, dann muss ich es auch umsetzen. Aber die Bilanz ist eine sehr positive. Wir hatten deutlich mehr Leute im Publikum, als ich mir erwartet hätte. Die Leute sind unserem Projekt extrem positiv gegenübergestanden und wir haben enormen Zuspruch bekommen – obwohl wir Klassik gemacht haben (lacht).

Interview mit Mag. Johannes Fleischmann. Geführt von Stefan Kloiber, BA

 

 

Erlebnisberichte von zwei TeilnehmerInnen der Althofener Meisterklassen

 

Bericht von Natàlia Pacheco Guerrero

(Gewinnerin des Klaushofer-Preises 2022)

Mein Name ist Natàlia Pacheco Guerrero, ich bin 18 Jahre alt und bin vor einem Jahr von Kärnten nach Wien gezogen. Ich spiele, seit ich 5 bin, die Geige, widme jedoch seit 2017 meine Liebe und Begeisterung dem Gesang.

Ich habe sowohl durch meinen ersten Gesangslehrer an der Gustav Mahler Musikschule Klagenfurt als auch durch Michael Wasserfaller im Rahmen eines Konzertes von den Althofener Meisterklassen gehört und habe mich schnell für die letzten Plätze beworben. Meisterklassen im Sommer zu besuchen ist eine immense Bereicherung für uns Musiker*innen. Wir werden in der vorlesungsfreien Zeit unterstützt, uns weiterzubilden, aber vor allem bekommen wir die Chance, intensiv mit den besten Professor*innen zusammenzuarbeiten und unser soziales Netzwerk weiter auszubauen.

Ich bin im Gegensatz zu anderen Teilnehmer*innen mit einem Repertoire nach Althofen gekommen, das ich in letzter Zeit kaum durchgearbeitet habe – aus gutem Grund. Mein persönliches Ziel war es, soviel zu lernen, wie es nur geht und dies bestmöglich innerhalb von 10 Tagen umzusetzen. In dem Sinne war ein „Neubeginn“ in meinem Fall und ein neues, noch einzustudierendes Programm die beste Voraussetzung dafür.

Ein guter Aspekt der Meisterkurse war einerseits die Möglichkeit, in den verschiedenen Klassen zu hospitieren und anderseits das Gestalten von gemeinsamen Konzerten. Das hat dazu beigetragen, dass eine gewisse Abwechslung und Offenheit im Laufe der Woche entstanden ist, die vor allem den Austausch zwischen uns Teilnehmer*innen gefördert hat, wofür ich auch sehr dankbar bin. Man könnte noch die Vorbereitung von Repertoire zwischen den Klassen, auch außerhalb der Saiteninstrumenten-Klassen, bis hin zur Gesangsklasse fördern und weiter ausbauen. So hätte man gestärkt die Möglichkeit, einander nicht nur sozial, sondern auch musikalisch kennenzulernen und in Form von Ensembles Werke einzustudieren.

Man muss aber dazu sagen: 10 Tage sind nicht viel Zeit zwischen Einzelunterricht, Korrepetition, Proben und Konzerten. Und doch haben meiner Meinung nach die Althofener Meisterklassen genau die ideale Ausgewogenheit geschaffen, die ein Meisterkurs braucht, um weitere Jahre Musiker*innen zu überzeugen, sich auf ihren Unterricht und ihre Angebote einzulassen.

Letztendlich ist die schöne, grüne, befreiende Umgebung für einen Meisterkurs wie geschaffen. Ich würde die Althofener Meisterklassen, wie man wahrscheinlich bereits herauslesen konnte, also auf jeden Fall weiterempfehlen und freue mich darauf, zu sehen, wie sie sich die nächsten Jahre weiterentwickeln werden!

 

Bericht von Rron Bakalli

(Gewinner des Publikums-Preises 2022 und des MSc Media Preis 2022)

Ich war 6 Jahre alt, als ich erstmals Interesse an Musik gezeigt habe. Zunächst habe ich Schlagwerk gespielt, aber ich habe mit 10 Jahren sofort mit der Violine begonnen, nachdem ich sie erstmals gesehen und gehört habe und völlig fasziniert war.

Dies war mein zweiter Besuch in Österreich – ich war im Mai schon einmal hier, als es im Rahmen des Projekts „Europe Connects“ ein Konzert mit dem Violinisten Johannes Fleischmann gab. Es war eine unvergessliche Erfahrung für unser Orchester. Wir hatten dort eine wunderschöne Zeit – zum Musizieren und um erstaunliche Musikerinnen und Musiker kennenzulernen. Ich glaube, das war der beste Weg, um unser Land in Wien zu repräsentieren. Ich hoffe, dass diese Zusammenarbeit auch in Zukunft fortgesetzt wird.

Teil der Althofener Meisterklassen zu sein, war für mich eine sehr schöne Erfahrung. Ich habe neue Freunde und neue Professoren kennengelernt, von denen man so viel lernen kann. Ich empfehle allen Studierenden, das gemeinsame Musizieren mit verschiedenen Menschen zu erforschen.

Außerdem gibt es immer Dinge, die man von einander lernen kann. Etwa aufgrund der Unterschiede bezüglich der Kultur, der Musik, der speziellen Traditionen und der Geschichte der Länder.

Aufgezeichnet von Stefan Kloiber, BA